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03. May 2007

Angelus Silesius: Aus dem Cherubinischen Wandersmann

 
Angelus Silesius: Der Cherubinische Wandersmann

Der Mensch mag sich wenden, wohin er will, er mag unternehmen, was es auch sei, stets wird er
auf jenen Weg wieder zurückkehren, den ihm die Natur einmal vorgezeichnet hat.

Goethe

Was fein ist, das besteht
Rein wie das feinste Gold, steif wie ein Felsenstein,
Ganz lauter wie Kristall soll dein Gemüte sein.

Man weiß nicht, was man ist
Ich weiß nicht, was ich bin, ich bin nicht, was ich weiß:
Ein Ding und nicht ein Ding, ein Stüpfchen und ein Kreis.

Gott lebt nicht ohne mich
Ich weiß, das ohne mich Gott nicht ein Nu kann leben,
Werd ich zunicht, er muß von Not den Geist aufgeben.

Ich bin wie Gott und Gott wie ich
Ich bin so groß als Gott, er ist als ich so klein;
Er kann nicht über mich, ich unter ihm nicht sein.

Gott ist in mir und ich in ihm
Gott ist in mir das Feur und ich in ihm der Schein;
Sind wir einander nicht ganz inniglich gemein?

Man muß sich überschwenken
Mensch, wo du deinen Geist schwingst über Ort und Zeit,
So kannst du jeden Blick sein in der Ewigkeit.

Der Mensch ist Ewigkeit
Ich selbst bin Ewigkeit, wann ich die Zeit verlasse,
Und mich in Gott und Gott in mich zusammenfasse.

Du mußt nichts sein, nichts wollen
Mensch, wo du noch was bist, was weißt, was liebst und hast,
So bist du, glaube mir, nicht ledig deiner Last.

Gott ergreift man nicht
Gott ist ein lauter Nichts, ihn rührt kein Nun noch Hier:
Je mehr du nach ihm greifst, je mehr entwird er dir.

Der geheime Tod
Tod ist ein selig Ding: je kräftiger er ist,
Je herrlicher daraus das Leben wird erkiest.

Das immerwährende Sterben
Ich sterb und lebe Gott: will ich ihm ewig leben,
So muß ich ewig auch für ihm den Geist aufgeben.

Die Unruh kommt von dir
Nichts ist, das dich bewegt, du selber bist das Rad,
Das auch sich sellbsten läuft und keine Ruhe hat.

Gleichschätzung machet Ruh
Wann du die Dinge nimmst ohn allen Unterscheid,
So bleibst du still und gleich in Lieb und auch in Leid.

Gott ist das, was er will
Gott ist ein Wunderding: er ist das, was er will,
Und will, das was er ist, ohn alle Maß und Ziel.

Die Zeit ist Ewigkeit
Zeit ist wie Ewigkeit und Ewigkeit wie Zeit,
So du nur selber nicht machst einen Unterscheid.

Leib, Seele und Gottheit
Die Seel ist ein Kristall, die Gottheit ist ihr Schein:
Der Leib, in dem du lebst, ist ihrer beider Schrein.

Das Äußre hilft dir nicht
Das Kreuz zu Golgatha kann dich nicht von dem Bösen,
Wo es nicht auch in dir wird aufgericht, erlösen.

Ein Abgrund ruft dem andern
Der Abgrund meines Geists ruft immer mit Geschrei
Den Abgrund Gottes an: Sag, welcher tiefer sei?

Der Himmel ist in dir
Halt an, wo laufst du hin,der Himmel ist in dir:
Suchst du Gott anderswo, du fehlst ihn für und für.

Die Rose
Die Rose, welche hier dein äußres Auge sieht,
Die hat von Ewigkeit in Gott also geblüht.

Die Sonn ist schon genug
Wem seine Sonne scheint, derselbe darf nicht gücken,
Ob irgendwo der Mond und andre Sterne blicken.

Zum Ursprung mußt du gehn
Mensch, in dem Ursprung ist das Wasser rein und klar,
Trinkst du nicht aus dem Quell, so stehst du in Gefahr.

Die Schuld ist deine
Daß dir im Sonnesehn vergehet das Gesicht,
Sind deinen Augen schuld und nicht das große Licht.

Der Mensch, der macht die Zeit
Du selber machst die Zeit: das Uhrwerk sind die Sinnen;
Hemmst du die Unruh nur, so ist die Zeit von hinnen.

Die Kreaturen sind Gottes Widerhall
Nichts weset ohne Stimm: Gott höret überall,
In allen Kreaturn, sein Lob und Widerhall.

Der Mensh ist Gottes Gleichnis
Was Gott in Ewigkeit begehrn und wünschen kann,
Das schauet er in mir als seinem Gleichnis an.


Beschluß
Freund, es ist auch genug. Im Fall du mehr willst lesen,
So geh und werde selbst die Schrift und selbst das Wesen.


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